Eiskalte Leidenschaft

Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird

Ein spannender Kurzkrimi über die Leidenschaft, erzählt aus fünf Perspektiven - zwei Paare scheitern an ihrer Freundschaft.
Eiswürfel wird von Laser verdampft
Bild von Myriams-Fotos auf Pixabay

Nicht jeder Mörder wird überführt

Sie sind beste Freunde, aber sind sie das wirklich? Luisa und Anton, Meredith und Kevin - sie haben alles und doch nicht genug. Wenn die Leidenschaft das Hirn vernebelt, hat es der Verstand schwer. In diesem brodelnden Topf der Gefühle behält nur einer kaltes Blut. Kommissar Haverkamp kennt die Wahrheit, doch er wird sie mit ins Grab nehmen.
Lesezeit: 16 Minuten

Kurzkrimi: Eiskalte Leidenschaft

Die Aufklärungsquote für Mord liegt bei über neunzig Prozent, was jedoch nicht bedeutet, dass fast jeder Mörder geschnappt wird. Viele Morde bleiben unentdeckt, weil Hausärzte ohne gerichtsmedizinische Ausbildung voreilig den natürlichen Tod ihres Patienten bescheinigen oder überarbeitete Polizisten verdächtige Details übersehen. Mein Name ist Jost Haverkamp, ich bin Kommissar bei der Kripo und habe nur noch ein paar Jährchen bis zur Rente abzureißen. Auch ich konnte nicht jeden meiner Fälle lösen. Das gibt es nur im Fernsehen und damit komme ich klar. Was mich jedoch wirklich fuchst, sind wasserdichte Ermittlungen, bei denen es die Indizien vom Himmel regnet und die trotz lückenloser Beweiskette einen üblen Beigeschmack hinterlassen. “Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird“, sagt ein Sprichwort. Ich schließe die Akte, obwohl ich weiß, dass mir dieser Fall noch viele schlaflose Nächte bereiten wird.

„Hallo Schatz!“
Anton warf den Autoschlüssel in die Glasschale an der Garderobe und eilte ihr im Flur entgegen. Er zauberte einen bunten Blumenstrauß mit orangen Gerberas und roten Rosen, die liebevoll mit tiefblauen Muscari arrangiert waren, hinter dem Rücken hervor und sein unwiderstehliches Lächeln auf die Lippen. Er drückte sie an sich und küsste sie leidenschaftlich. Seit ein paar Wochen übertraf sich Anton täglich mit seinen kleinen Aufmerksamkeiten.
„Und morgen gehen wir in die Kubismus-Ausstellung“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Dass er sich überhaupt noch daran erinnerte! Sie hatte ihm vergangene Woche nur beiläufig beim Frühstück davon erzählt. Sie musste auf der Hut sein, wenn sie sich nicht verraten wollte, denn ihm entging nichts mehr. Eigentlich hatte sie erwartet, dass sie das Museum allein besuchte, denn Anton mochte nur gegenständliche Kunst, weswegen sie ihn skeptisch anschaute.
„Freust du dich nicht?“
„Klar doch! Ich wundere mich nur.“
Anton streichelte ihre Wange. „Das Geschäft, die vielen Überstunden, ich bin froh über jede Minute, die wir zusammen verbringen“, flötete er verliebt.
Auch nach mehr als fünfzehn Jahren konnte er immer noch charmant sein. Sie lächelte ihr schlechtes Gewissen hinweg. Luisa spürte das Handy in der Brusttasche seines Hemdes brummen. Er blinzelte kurz aufs Display.
„Sorry! Da muss ich rangehen. Es ist wichtig. Das Meeting nächste Woche.“
Sie nickte und er ging raus auf die Terrasse. Draußen lehnte er sich mit dem Rücken gegen einen Pfeiler, schaute in den Himmel und lächelte breit. Die Firma gehörte Luisa nach wie vor allein, doch Anton kümmerte sich um das operative Geschäft. Sie hatte ihn damals als Geschäftsführer eingestellt. Es dauerte nicht lang und sie verliebten sich ineinander.
Anton kam zurück und schloss sie von hinten in die Arme. Er knabberte an ihrem Nacken. Er wusste, welche Knöpfe er drücken musste. Sie gingen hoch und liebten sich. Er überraschte sie mit einer neuen Stellung, die er erstaunlich gut beherrschte. Es gefiel ihr und sie revanchierte sich mit einem Spiel, das vorher nie für sie in Betracht gekommen wäre, von dem sie aber annahm, dass es ihn glücklich machen würde. Ihre beste Freundin Meredith stand drauf. Das hatte sie ihr erzählt und dabei genüsslich jedes Detail vor ihr ausgebreitet. Sie wusste, dass sie Luisa damit in Verlegenheit brachte, und hatte ihren Spaß dabei. Meredith hielt sie für verklemmt. Sie selbst war klug und stilbewusst, doch wenn es um Sex ging, schon ein wenig ordinär. Viele Männer waren verrückt nach diesem Spiel, vor allem wohl ihr Kevin. Wie es schien, schlug es auch bei Anton voll ein. Also überwand sich Luisa und gönnte ihrem Mann die Freude. Zufrieden mit sich und seiner Darbietung ging Anton verschwitzt und noch völlig außer Atem zur Toilette. Sein Handy nahm er mit. Seit neuestem ließ er es nirgendwo mehr herumliegen. Dank Meredith und ihren Sextipps hatte sie die letzten Zweifel ihres Mannes heute so richtig befeuert.

veröffentlicht: 21.06. 2023, überarbeitet: 13.12. 2024
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